Anwendbares Recht in Italien
I Rechtsquellen
I.1. Innerstaatliches Recht
In Italien werden Fragen des Internationalen Privatrechts im Gesetz Nr. 218 vom 31. Mai 1995, das die Artikel 16 bis 31 der dem Zivilgesetzbuch vorangestellten Allgemeinen Bestimmungen ersetzt, geregelt.
I.2. Rechtsgültige multilaterale Übereinkommen
Vollständiges Verzeichnis der rechtsgültigen multilateralen Übereinkommen
In diesem Verzeichnis (PDF File 14 KB) sind die in Italien rechtsgültigen multilateralen Übereinkommen aufgeführt.
I.3. Die wichtigsten rechtsgültigen bilateralen Abkommen
Nicht erschöpfende Liste der von den Gerichten am häufigsten angewandten bilateralen Abkommen
Die in der Vergangenheit auf Fragen des Internationalen Privatrechts zwischen Italien und einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union angewandten bilateralen Abkommen sind inzwischen durch die einschlägigen Gemeinschaftsinstrumente ersetzt worden. Am häufigsten angewandt werden die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten, die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen, die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 betreffend die elterliche Verantwortung und die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.
Auf Rechtsfragen zwischen Italien und Nichtmitgliedstaaten werden am häufigsten bilaterale Abkommen über Rechtshilfe sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen angewandt. Derzeit bestehen solche Abkommen mit Argentinien (Rom, 9.12.1987), Brasilien (Rom, 17.10.1989), der Russischen Föderation und den anderen Staaten der ehemaligen UdSSR (Rom, 25.1.1979), den Republiken des ehemaligen Jugoslawien (Belgrad, 7.5.1962), einigen ehemaligen Dominions des Vereinigten Königreichs, einschließlich Australien und Kanada (London, 17.12.1930), der Schweiz über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Rom, 3.1.1933) und über Schadenersatz bei Verkehrsunfällen (Rom, 16.8.1978) sowie mit Bulgarien (Rom, 18.5.1990), Rumänien (Bukarest, 11.11.1972) und der Türkei (Rom, 10.8.1926).
II. ANWENDUNG DER KOLLISIONSNORMEN
II.1. Ist der Richter zur Anwendung von Kollisionsnormen von Amts wegen verpflichtet?
Inwieweit und unter welchen Umständen müssen Richter Kollisionsnormen anwenden, selbst wenn dies von den Parteien nicht ausdrücklich verlangt wurde?
Nach italienischem Recht gehört die Anwendung von Kollisionsnormen in diesem konkreten Zusammenhang zu den regelmäßigen Aufgaben des Richters. Der Richter muss unabhängig davon, ob dies von den Parteien verlangt wird, entscheiden, welches Recht anzuwenden ist (iura novit curia).
II.2. Rück- und Weiterverweisung (Renvoi)
Verweist die vom angerufenen Gericht angewandte Kollisionsnorm auf ausländisches Recht, kann dieses unter Umständen durch Anwendung eigener Kollisionsnormen auf ein anderes anwendbares Recht verweisen.
So verweist etwa die französische Kollisionsnorm zur Regelung der Geschäftsfähigkeit englischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Frankreich auf das englische Recht. Die englische Kollisionsnorm hingegen verweist auf das Recht des Wohnsitzlandes, also auf französisches Recht.
Kennt das italienische Kollisionsrecht die Rück- oder Weiterverweisung und inwieweit wird die Rückverweisung durch ausländisches Recht auf italienisches Recht bzw. die Weiterverweisung auf das Recht eines Drittstaats anerkannt?
Rückverweisung vom Recht eines anderen Landes auf italienisches Recht tritt dann ein, wenn das betreffende ausländische Recht selbst eine Verweisung vom italienischen Recht anerkennt und eine Rückverweisung auf italienisches Recht vorsieht. Keine Rückverweisung tritt ein, wenn die Parteien das anwendbare Recht selbst gewählt haben, ferner in Bezug auf Bestimmungen zur Form von Rechtshandlungen oder bei außervertraglichen Schuldverhältnissen.
II.3. Änderung der Anknüpfung
Was geschieht, wenn die Anknüpfung wechselt, z. B. wenn bewegliches Vermögen an einen anderen Ort gebracht wird?
Es gelten die oben aufgeführten Regeln.
II.4. Ausnahmen von der Anwendung der Kollisionsnormen
- Können die Gerichte die Anwendung des anwendbaren Rechts verwehren, wenn dieses im Widerspruch zur internationalen Rechtsordnung steht? Und gelten im Hoheitsgebiet Ihres Staates Gesetze oder andere Vorschriften, die den Kollisionsnormen vorgehen (zwingende Vorschriften im Sinne von „lois de police“)?
- Gemäß Art. 16 des italienischen Gesetzes Nr. 218/1995 kann der Richter das zurückverweisende ausländische Recht nicht anwenden, wenn seine Wirkungen gegen „die Rechtsordnung verstoßen“. Darunter wird gewöhnlich die „internationale Rechtsordnung“ verstanden.
- Nach Art. 17 des genannten Gesetzes gehen bei Normenkollision trotz Verweises auf ausländisches Recht die italienischen Vorschriften vor und sind keine Abweichungen davon zulässig, sofern Zweck und Ziel der ausländischen Vorschriften von denen der italienischen abweichen.
II.5. Ermittlung fremden Rechts
- Rolle des Richters und der Parteien
Der Richter ermittelt den Inhalt des ausländischen Rechts. Dabei darf er sich der Mitwirkung der Parteien bedienen.
- Zulässige Ermittlungsarten
Der Inhalt des ausländischen Rechts wird nachgewiesen, als handele es sich dabei um einen tatsächlichen Umstand. Dabei können die in internationalen Übereinkommen festgelegten Instrumente, von ausländischen Behörden über das Justizministerium übermittelte Angaben und Gutachten von Sachverständigen oder Fachgremien genutzt werden.
- Was geschieht, wenn sich der Inhalt des ausländischen Rechts nicht ermitteln lässt?
Nach Möglichkeit wird das betreffende ausländische Recht unter Verwendung anderer für diesen Fall vorgesehener Anknüpfungen angewandt. Andernfalls wird italienisches Recht angewandt.
III. KOLLISIONSNORMEN
III.1. Vertragliche Schuldverhältnisse und Rechtshandlungen
Der einfache Verweis auf das Übereinkommen von Rom von 1980 reicht nicht aus. Näher zu beleuchten ist der Umgang mit Rechtsfragen, die nicht unter das Abkommen von Rom fallen.
Dies ist im italienischen Recht ausdrücklich geregelt. In Bezug auf vertragliche Schuldverhältnisse verweist es ausdrücklich auf das Übereinkommen von Rom vom 19. Juni 1980. Für Rechtsfragen, die nicht unter dieses Übereinkommen fallen, wird auf die anderen einschlägigen internationalen Übereinkommen verwiesen, soweit sie anwendbar sind.
Das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht kann jedoch von den Parteien frei gewählt werden.
Die Anwendung des durch ein internationales Übereinkommen bestimmten oder von den Parteien gewählten Rechts kann ausgeschlossen werden, wenn es nicht mit der öffentlichen Ordnung vereinbar ist (etwa wenn es im Widerspruch zu polizeilichen Anordnungen oder Sicherheitsvorschriften steht).
III.2. Außervertragliche Schuldverhältnisse (unerlaubte Handlungen und Delikte, ungerechtfertigte Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag usw.)
Das oben genannte Gesetz Nr. 218/1995 legt das auf folgende außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht fest: einseitiges Versprechen (Recht des Staates, in dem das Versprechen abgegeben wird); Wertpapiere (Genfer Abkommen von 1930 über das Wechselgesetz und das Scheckgesetz, während auf andere Wertpapiere und primäre Verpflichtungen das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem das Wertpapier ausgestellt wurde); gewillkürte Vertretung (das Recht des Staates, in dem der Vertreter seinen Geschäftssitz hat oder seine Befugnisse hauptsächlich ausübt); kraft Gesetzes entstehende Schuldverhältnisse (das Recht des Staates, in dem das Ereignis eingetreten ist, aus der das Schuldverhältnis entstanden ist); Haftung aus unerlaubter Handlung (das Recht des Staates, in dem das Ereignis eingetreten ist, wobei allerdings der Geschädigte die Anwendung des Rechts desjenigen Staates verlangen kann, in dem die schadenverursachende Handlung vorgenommen wurde, und bei Beteiligung von Angehörigen ein und desselben Staates auch auf das Recht dieses Staates verwiesen werden kann).
III.3. Personalstatut und Aspekte des Personalstatuts im Zusammenhang mit dem Familienstand (Name, Domizil, Geschäftsfähigkeit)
Die Rechtsstellung und die Geschäftsfähigkeit von Personen sowie das Bestehen und der Inhalt von Persönlichkeitsrechten einschließlich des Namensrechts unterliegen dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die betreffende Person besitzt. Ausgenommen davon sind Rechte, die sich aus familiären Beziehungen ergeben. Auf diese sind die Verweisungsvorschriften des Gesetzes Nr. 218/1995 von Fall zu Fall anzuwenden.
III.4. Abstammung, Verhältnis zwischen Eltern und Kindern samt Adoption
In Bezug auf das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern, die Ehelichkeit und die Staatsangehörigkeit eines Kindes wird das Heimatrecht der Eltern oder eines Elternteils zum Zeitpunkt der Geburt angewandt. Zur Feststellung der Abstammung wird das Recht des Staates herangezogen, dessen Staatsangehörigkeit das Kind zum Zeitpunkt seiner Geburt besitzt.
Wird die Adoption eines Kindes bei einem italienischen Gericht beantragt, um diesem die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes zu verschaffen, ist italienisches Recht anzuwenden.
Artikel 38 des Gesetzes Nr. 218/1995 enthält weitere ausführliche Kollisionsnormen für verschiedene Szenarien.
III.5. Ehe, nichteheliche Lebensgemeinschaften, Lebenspartnerschaften, Scheidung, gerichtliche Trennung, Unterhaltsverpflichtungen
Was Ehesachen betrifft, so richten sich die persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten nach dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören, andernfalls nach dem Recht des Staates, in dem die Eheleute ihren Lebensmittelpunkt haben.
Das auf die persönlichen Beziehungen anwendbare Recht regelt normalerweise auch den ehelichen Güterstand, wobei die Eheleute jedoch auch ein anderes Güterrechtsstatut vereinbaren können. In bestimmten gesetzlich festgelegten Fällen ist auf den Güterstand ebenfalls das Recht eines anderen Staates anzuwenden.
Das italienische Recht erkennt außer der Ehe keine anderen Verbindungsformen als eigenständiges Rechtsinstitut an.
Die gerichtliche Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft und die Scheidung richten sich nach dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören, andernfalls nach dem Recht des Staates, in dem die Eheleute ihren Lebensmittelpunkt haben. Falls das ausländische Recht im letzteren Fall die oben genannten Institute nicht kennt, wird italienisches Recht angewandt.
In Bezug auf familiäre Unterhaltsverpflichtungen verweist das italienische Recht auf das Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973.
III.6. Ehegüterrecht
In Italien gilt für die Ehe grundsätzlich die gesetzliche Gütergemeinschaft.
Die Eheleute können aber auch einen anderen Güterstand, etwa die Gütertrennung, vereinbaren.
III.7. Rechtsnachfolge von Todes wegen, Testamente
Die Erbfolge richtet sich nach dem Heimatrecht des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes. Der Erblasser kann zu Lebzeiten im Testament festlegen, dass sich die Erbfolge nach dem Recht seines Wohnsitzlandes richten soll. Ist er italienischer Staatsbürger, hat diese Rechtswahl keine Auswirkungen auf die Rechte der Pflichtteilsberechtigten mit Wohnsitz in Italien.
Ein Testament ist formgültig, wenn es vom Recht des Staates, in dem der Erblasser über sein Vermögen verfügt hat, oder des Staates, dessen Staatsbürger der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung oder des Todes war oder in dem er seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hatte, anerkannt wird.
III.8. Dingliche Rechte
Unbewegliches und bewegliches Vermögen (eine detaillierte Darstellung der Vorschriften für immaterielle Vermögenswerte scheint in diesem Zusammenhang nicht angebracht).
Vermögensrechte und andere dingliche Rechte unterliegen dem Recht des Staates, in dem sich das Vermögen befindet.
III.9. Insolvenz
Das italienische Recht enthält keine ausdrücklichen Kollisionsnormen für Insolvenzfälle.
Einheitliche Kollisionsnormen für die Mitgliedstaaten finden sich in der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates.
*Quelle: Europäische Kommission
*Nur die in der Papierausgabe des Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte Fassung der Rechtsakte der Europäischen Union ist verbindlich.